Familie, Arbeit und Vereinbarkeit – Papa geht in Teilzeit
Sind die Kinder endlich im Bett, muss noch die Küche gemacht werden, die Wäscheberge buhlen um Aufmerksamkeit, die Steuererklärung schaukelt wild schreiend an der Wohnzimmerlampe und die Freizeit steht bockig in der Ecke. Nachtruhe, sofern sie überhaupt mal erscheint, kommt erst gegen 0 Uhr nach Hause und geht bereits nach 3 Stunden unterbrochenem Schlaf. Kennt ihr? Japp, wir auch!
Es wird heutzutage viel über Vereinbarkeit gesprochen und geschrieben. Was man darunter versteht und was dafür notwendig ist. Es wird gefordert, vorgeschlagen und ausprobiert. Erfahrungen werden ausgetauscht und Tipps gegeben. Manches klappt besser, anderes nicht. Und was bei euch perfekt war, kann bei uns total schief laufen. Aber darum soll es heute gar nicht gehen.
Heute soll es darum gehen, dass wir, also die Familie PapaJahre, endlich etwas ändern wollen. Wir wollen mehr Zeit! Zeit für uns alleine, Zeit für die Familie und Zeit für uns als (Eltern-)Paar. Und das nicht erst in der Zukunft („Irgendwann wird es besser!?“), nein, wir wollen jetzt.
Die letzten Jahre
Bevor ich dazu komme, was wir denn nun ändern (wollen), mal ein kleiner Überblick, wie es bisher war.
Als meine Frau und ich Kinder bekamen, übernahm sie bei jedem Kind den größten Teil der Elternzeit. Dies hatten wir stets gemeinsam besprochen und entschieden. Die berufliche Situation spielte bei der Entscheidung jeweils eine große Rolle.
In diesen Zeiten kümmerte sie sich zusätzlich auch um den Haushalt, erledigte Besorgungen, brachte das oder die älteren Kinder () zur Kita/Schule) bzw. holte sie ab und und und…
Ich versuchte, soviel und sooft es ging ihr etwas abzunehmen. Sobald es möglich war, brachte ich die Kinder ins Bett, stand jede Nacht mehrfach auf, kümmerte mich um das Essen und ging oft mit den Kindern spazieren.
Die Zeiten ändern sich
Inzwischen sind die Kinder älter und (etwas) selbstständiger. Na ja, manchmal … Zwei Kinder gehen bereits in die Schule und das Jüngste ist nun „schon groß“ und deshalb im Kindergarten bei den größeren Kindern.
Da mein Arbeitsweg relativ kurz ist und mein Arbeitgeber mir nicht minutiös vorschreibt, wann ich wie lange zu arbeiten habe, konnte ich in den letzten Jahren immer mehr das Bringen und Abholen übernehmen, Arzttermine mit ihnen wahrnehmen, zu Elternabenden gehen, den Nachmittag in Sporthallen und Musikschulen verbringen und so weiter.
Und meine Frau konnte sich mehr auf die Arbeit konzentrieren. Schrittweise erhöhte sie das Pensum, auch hier haben wir uns natürlich vorher Gedanken gemacht und gemeinsam entschieden, und arbeitet inzwischen mehr als ich. Hinzu kommen Arbeitswege, die deutlich über dem meinen liegen!
Vollzeitbeschäftigung vs. Familie
So ist der Stand nun also der, dass wir beide Vollzeit (und mehr) arbeiten, anschließend schnell die Kinder geholt (oder zum Sport gebracht), Einkäufe irgendwie dazwischen gequetscht, Mahlzeiten zubereitet und Wäscheberge gewaschen werden. Vom restlichen Zustand der Wohnung werden wir aus Respekt vor Hempels unterm Sofa schweigen…
Am Abendbrottisch versuchen wir zwischen all den Streitereien unter den Kindern das aktuelle Tagesgeschehen aus Schule und Kita zu ermitteln, Wichtiges für den nächsten (Schul-)Tag zu besprechen und, während wir die Butter vom Boden aufkratzen, die Nerven zu behalten.
Sind die Kinder dann im Bett, liegen ToDos an. Egal ob Versicherungen, Steuererklärung, Anträge, Wochenendplanungen oder Aufräumen… vor 22 Uhr ist selten wirklich Feierabend.
Und was haben wir Eltern bis dahin für uns getan? Oder gemeinsam mit den Kindern? Gegessen. Zumindest die Kinder. Es sei denn, der Käse hat wieder falsch geguckt oder ein Loch zu viel gehabt.
„Wo ist da die Vereinbarkeit?“
Ja, gut, dass ihr fragt! Moment, da muss ich kurz… vielleicht da hinten…? Nein… Doch nicht…
Nein, ganz ehrlich. Egal, wie ihr persönlich Vereinbarkeit definiert, ich denke, bei uns existiert sie gerade nicht.
Was wir stattdessen hinbekommen, ist, dass wir uns verausgaben und von einer Aufgabe zur nächsten Hetzen. Für die Kinder haben wir dabei kaum Zeit, vergessen wichtige Termine oder Besorgungen und können eigenen Hobbys und Interessen kaum nachgehen.
Dabei wäre es doch schöner, wenn wir die Kinder entspannt abholen könnten. Am besten, nachdem wir den Einkauf erledigt haben. Um dann noch gemeinsame Zeit zum Spielen, Lesen oder Reden zu haben. Anschließend sitzen wir gemeinsam beim Abendessen. Ja, gestritten wird weiterhin, aber Mama und Papa kratzen die Butter nun weitaus entspannter vom Boden auf. Und wieso nicht gleich auf dem Boden picknicken? Da sind die Wege kürzer…
Teilzeit – Der erste Schritt zur Vereinbarkeit
Abgesehen davon, dass wir uns erst einmal klarmachen mussten, dass es so auf Dauer nicht weitergehen kann, haben wir darüber geredet, wie wir uns die Zukunft als Familie weiter vorstellen.
Wollten wir diesen Traum vom Eigenheim weiter verfolgen? Das würde bedeuten, noch ein paar Jahre fleißig zu schuften um Eigenkapital anzusparen. Oder doch lieber gleich aufs Land, wo es (hoffentlich) noch bezahlbar ist, dafür aber weite Wege auf uns warten?
Nein, wir haben uns dazu entschieden, die Zeit jetzt zu genießen. Wir möchten jetzt Zeit für uns und die Kinder haben. Nicht erst in drei oder fünf Jahren, wenn die Freunde in der Prioritätenliste der Kinder weit vor uns liegen.
Und der erste Schritt zur besseren Vereinbarkeit, den ich dafür gehen kann, ist die Arbeitszeit zu reduzieren. Der ist nun getan: ich habe Teilzeit beantragt.
Natürlich haben wir vorher geschaut, ob die finanzielle Situation das hergibt. Haben über das Für und Wider gesprochen. Und sind der Meinung, dass es möglich ist.
Ich werde, sobald der Antrag durch ist, nur noch 30 Stunden pro Woche arbeiten. Und die gewonnene Zeit hoffentlich damit zubringen können, ein paar ToDos zu erledigen (Wohnung entrümpeln, zum Beispiel) und mit den Kindern etwas zu unternehmen (mal wieder Klettern?).
Und vielleicht… ganz vielleicht… Komme ich dann auch endlich wieder regelmäßiger zum Bloggen. Denn das fällt gerade noch sehr unter den Tisch. Direkt neben die Butter…
PS: Über die berufliche Situation meiner Frau werde ich hier nicht weiter schreiben. Aber ihr dürft mir glauben, dass wir den Weg gemeinsam besprochen haben und auch gehen werden. 😉
PS #2: Wer möchte, darf nun über Vereinbarkeit in der eigenen Familie einen Kommentar verfassen. Ich bin gespannt! 🙂
PS #3: Auch anderen Eltern geht ähnlich. Ganz frisch hat heute die gute Alu von Grosseköpfe darüber gebloggt.
Informationen zur Teilzeit
Der schriftliche Antrag muss min. 3 Monate vor Teilzeitbeginn dem Arbeitgeber vorliegen. Die Angabe von Gründen ist nicht erforderlich. Aber: bei dieser Form der Teilzeit hat man keinen Anspruch auf eine Arbeitszeiterhöhung, das heißt, die Rückkehr zur ursprünglichen Arbeitszeit ist nicht gewährleistet.
Seit 2019 gibt es außerdem die sog. „Brückenteilzeit“. Mit dieser erhält der Arbeitnehmer die Möglichkeit, für einen festen Zeitraum von 1 bis zu maximal 5 Jahren in Teilzeit zu gehen. Auch hier muss der schriftliche Antrag min. 3 Monate vor Beginn vorgelegt werden. Eine Begründung ist ebenfalls nicht erforderlich. Anschließend kehrt der Arbeitnehmer ohne erneuten Antrag zurück zur ursprünglichen Arbeitszeit. Ein erneuter Antrag kann dann jedoch erst nach einem Jahr gestellt werden.
Mehr Informationen gibt es u.a. auf den Seiten des Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS): Rund um die Teilzeit